Dipl.- Ing. Karsten Sommer
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21.10.2020

Baulicher Brandschutz für Wohnhochhäuser lebenswichtig

Viele haben die Bilder vom brennenden Grenfell Tower in London noch vor Augen: Im Sommer 2017 stand das Wohnhochhaus in der britischen Hauptstadt in Flammen, 71 Menschen kamen dabei ums Leben, 233 verloren ihre Wohnung. „Das Beispiel zeigt, wie wichtig der konstruktive bauliche Brandschutz in Geschosswohnungsbauten ist“, konstatiert Dipl.-Ing, (FH) Marc Ellinger, Sachverständiger beim Verband Privater Bauherren und Leiter des VPB-Büros Freiburg-Südbaden.
Auch in Deutschland werden Geschosswohnungsbauten wie auch Wohnhochhäuser immer beliebter. Wer sich dort eine Eigentumswohnung kauft, sollte sich darauf verlassen können, dass der Brandschutz gewährleistet ist. „Wohnungstrennwände und Wohnungstrenndecken, also jene Bauteile, die die eigene Wohnung von anderen Wohnungen seitlich, oben und unten sowie vom Treppenhaus und Erschließungsflur trennen, haben neben dieser trennenden auch noch brandschutztechnische Funktionen. Sie sollen die Wohnung vor den Einwirkungen eines Brandes in einer benachbarten Wohnung, dem Treppenhaus oder dem Flur schützen, speziell vor den toxischen Brandgasen“, erläutert Marc Ellinger. „Dazu müssen diese Bauteile einmal ausreichend feuerbeständig sein und zum anderen auch einen rauchdichten Abschluss garantieren, gegen die Rauchgase, die bei Bränden entstehen.“ Rauchgase gelten als besonders gefährlich und gehören zu den Haupttodesursachen bei Bränden, noch vor dem Feuer selbst.
„Mauerwerkswände sind stets dann rauchdicht, wenn sie vollflächig verputzt sind und keine Durchbrüche haben“, erklärt der Sachverständige. Bei Wohnungstrennwänden ist das üblicherweise der Fall. Anders verhält es sich bei Geschosstrenndecken. Sie haben planmäßige Löcher, um die zahlreichen senkrecht verlaufenden Ver- und Entsorgungsleitungen durch das Gebäude zu führen. Diese Deckendurchbrüche sind deshalb unter brandschutztechnischen Gesichtspunkten auch die Schwachstellen des Brandschutzes.
„Diese Deckenaussparungen müssen nach der Installation aller Leitungen vollständig ausbetoniert werden“, erklärt Bauherrenberater Ellinger und weiß, wie schwierig dies angesichts der Vielzahl an Leitungen ist. „Die Leitungen selbst müssen mit Brandschutzummantelungen versehen sein, brennbare Kunststoffleitungen brauchen Brandschutzmanschetten. Dies gilt auch für die Elektroleitungstrassen.“ Damit die Ausführung dieser Arbeiten technisch gelingt, muss die Bauleitung die Handwerker sorgfältig überwachen.
„Konstruktiver baulicher Brandschutz ist lebenswichtig und stellt hohe Anforderungen an die Konzeption, die Planung, die Ausführung, die Überwachung und die Dokumentation. Diese bautechnische Überwachung ist die Domäne von Brandschutzsachverständigen“, weiß Marc Ellinger und betont: „Beim Brandschutz zählt nicht der gute Wille, sondern nur, dass er richtig und sorgfältig gemacht wird. Das ist im Brandfall überlebenswichtig.“
Nach den Erfahrungen vieler VPB-Sachverständiger gibt es aber beim konstruktiven baulichen Brandschutz auf den Baustellen erhebliche Defizite. Deshalb sollten Käufer immer nach dem Brandschutz fragen. Sie sollten sich frühzeitig die Pläne der zukünftigen Wohnung und des gesamten Hauses übergeben lassen, damit ihr unabhängiger Sachverständiger sie prüfen kann. Das ist wichtig, denn tatsächlich erwerben die Käufer einer Eigentumswohnung ja nicht nur das Sondereigentum an ihrer Wohnung, sondern auch einen nicht unerheblichen Anteil am Gemeinschaftseigentum. Dafür müssen sie auch in Zukunft in jeder Hinsicht geradestehen. Besser also, sie prüfen beizeiten, wie sorgfältig der Neubau geplant wurde.
Wie beim Einfamilienhaus, so rät der VPB auch beim Kauf einer Eigentumswohnung dazu, vor der Unterschrift die Verträge prüfen zu lassen und später regelmäßig auch die laufende Baustelle. Mehrere Käufer können sich dazu zusammenschließen und gemeinsam einen Berater beauftragen. Das rechnet sich auch für Wohnungseigentümer, wenn es später um die Instandhaltung der gemeinsamen Wohnimmobilie geht.
Auch bei Wartung, Reparaturen und größerer Sanierung spielt der Brandschutz immer wieder eine zentrale Rolle. Etwa, bei Veränderungen an den Installationen. Danach müssen beispielsweise neue, vertikale Versorgungsstränge brandschutztechnisch nachgerüstet werden. „Auch bei der Komplettsanierung eines bestehenden Gebäudes mit anschließendem Verkauf von Eigentumswohnungen oder mit einer Nutzung als Mietwohnungen ist der
bauliche Brandschutz nach heutigem Standard geschuldet“, resümiert Marc Ellinger, gibt aber zu bedenken, dass der beste Brandschutz nichts hilft, wenn immer wieder „die Fluchtwege im Treppenhaus durch Möbel und Kinderwagen verstellt sind und die korrekt eingebauten, automatisch schließenden Brandschutztüren von den Bewohnern aus Bequemlichkeit festgestellt und blockiert werden.“

Admin - 11:32:45 | Kommentar hinzufügen

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